Wie ich mich auf diesen Abend gefreut hatte. Wir trafen uns um halb zehn unter der Laterne, unter der wir uns einmal in der Woche trafen. Dieses Mal war nur die Uhrzeit anders. Abends. Wir wussten nicht warum, aber wir wollten einmal abends einen kleinen Spaziergang durch den Wald machen. Ich lief um die Kurve und musste grinsen als ich sie sah, so wie jedes mal. Ich freute mich sie zu sehen. Wahnsinnig arg sogar. Ich nahm sie in den Arm und küsste sie. Ich nahm ihre Hand und wir gingen los. Es war dunkel. Vor lauter Nebel konnte man die eigene Hand vor Augen kaum sehen. Es war ruhig draußen, uns kam kein einziges Auto entgegen. Tief in mir schlummerte noch die Enttäuschung vom gestrigen Abend, doch ich wusste noch nicht, dass sich das heute noch so sehr zeigen würde. Am Wald angekommen, schaltete ich meine Taschenlampe ein und wir schlenderten weiter. Als wir ein wenig weiter im Wald waren, was würde man auch anderes bei verliebten erwarten, drückte ich sie gegen einen Baum und küsste sie innig. Wir zuckten beide zusammen, als wir ein nicht allzu fernes Knacken hinter uns hörten. Ich drehte mich sofort um, schaltete die Taschenlampe, die ich zum Küssen ausgeschaltet hatte, wieder ein und leuchtete die Umgebung ab. Nichts. Nichts ausser diesem komischen kleinen Schatten ein paar Meter weiter. Wir wollten beide wissen, was es war, also liefen wir dem Schatten entgegen. Als wir dort ankamen, sah ich, dass es aussah, wie ein kleines Eichhörnchen auf dem Boden. Nur der Kopf war wesentlich größer als der eines Eichhörnchens. Sie sagte, wie süß es doch sei, ich bückte mich, um es auf meine Hand zu nehmen. In dem Moment, in dem ich meinen Körper senkte, sprang dieses Wesen mich an und biss mir direkt in den Hals. Ich fasste schnell in meine Hosentasche um mein Taschenmesser zu zücken und dieses Tier zu töten, doch ich hatte mein Taschenmesser garnicht bei mir. Komisch, ich war mir sicher, dass ich es eingepackt hatte. Ich konnte das Wesen dann doch von mir abschütteln und wir gingen, mit einem etwas mulmigen Gefühl, weiter durch den Wald. Ich war mir sicher, dass sich hinter diesem Baum da gerade etwas bewegt hatte, doch sie glaubte mir nicht, sie hielt meine Hand fester denn Je, als ich nachsehen wollte ob sich da wirklich nichts bewegt hatte. Als wir nurnoch einige Meter von dem Baum entfernt waren, heulte ein Motor auf. Der Motor, einer Kettensäge. Ich schrie sie an sie soll rennen. Doch sie konnte nicht. Also zog ich sie an ihrem Arm quer durch den Wald. Der Typ mit der Kettensäge direkt hinter uns. Ich hatte Angst, doch nur um mich. Um sie nichtmehr. Irgendwas in mir hasste sie. Sie hatte mich doch gestern so sehr enttäuscht. Wie ich so in meine Gedanken versank, übersah ich eine Wurzel, stolperte und riss uns beide zu Boden. Ich sprang auf, doch sie verhedderte sich im Gestrüpp auf dem Boden. Der Typ hinter uns wurde langsamer, weil er sah, dass wir nicht weg konnten. Als er direkt vor uns stand, sah ich, dass er eine Hockeymaske trug. Er schrie, dass er sie zuerst umbringt, damit ich zusehen muss und leide. Ich wollte ihn stoppen, doch irgendwas in mir, hinderte mich daran. Ich hatte mich kaum versehen, als ich anfing zu genießen wie er sie mit der Kettensäge zerlegt. Erst schnitt er ihr ihren linken Arm ab, ihre Schreie klangen in meinen Ohren immer mehr nach Musik. Danach trennte er ihren Körper von ihren Beinen. Als er die Säge dann an ihren Hals ansetzte, verwandelte sich der rest Zweifel in mir, in pure Freude. Ich genoss wie sie qualvoll starb, wie sie endlich aufhörte zu schreien, wie das Blut aus ihrem abgetrennten Körper spritze. Der Typ rannte lachend davon. Plötzlich wurde mir schwindelig und ich fiel in Ohnmacht. Es war schon hell als ich wieder aufwachte. Ich schaute mich um, und da lag sie. Zerlegt in ihre Einzelteile. Ich weinte. Ich nahm ihren Kopf in meine Hände, küsste sie ein letztes mal, sagte „Ich liebe dich“, und ging nach hause.
Montag, 31. Oktober 2011
Donnerstag, 27. Oktober 2011
Glücklich sein...
Es war einer dieser Wintertage, die ich so liebte: Die Sonne zeigte sich von ihrer schönsten Seite, nämlich garnicht; die ganze Stadt lag in tiefem Nebel, die Straßenleuchte vor unserem Haus vertat ihren Dienst mehr schlecht als recht - sie flackerte ständig. Sie ist einfach unerträglich. Das war auch der Grund dafür, dass ich die Vorhänge im Wohnzimmer zuzog, mich in das Lesezimmer verzog und den Kamin zum Brennen brachte. Ich setzte mich auf das Fell vor dem Kamin und wärmte mich, während ich anfing, mir zu überlegen, wie es wäre, einfach nichtmehr da zu sein. Um der Realität noch ganz zu entschwinden, legte ich eine alte akustikrock-Schallplatte auf und genoss die Einsamkeit. Als ich so vor mich hin träumte, merkte ich erst, wie toll es eigentlich sein kann, einfach abzuschalten. Einfach alles um mich herum zu vergessen und den Raum auf mich wirken zu lassen. Die züngelnden Bewegungen des Feuers, die flauschigen Fasern des Felles, die Musik, sich einfach von den Gedanken treiben zu lassen. Ich erschrak, als der Holzscheit von seinem Gegenüber abrutschte und Funken schlug. In meiner Einsamkeit stand ich auf, suchte mir den Weg in den Keller und durchwühlte die Kisten, die ich schon Jahre nichtmehr geöffnet hatte. Neben einem alten Telefon, mehreren Glühbirnen und der ein oder anderen Rarität fand ich das alte Bilderalbum von früher. Zusammen mit einer Flasche Wein und dem Fotoalbum machte ich mich wieder auf den Weg zum Kamin, zum Fell, immer der Musik entgegen. Ich legte das Album auf meinen Sessel, holte ein Glas aus der gläsernen Vitrine, schenkte mir ein, suchte im Schrank nach Schallplatte, die mich noch mehr in Erinnerungen schwelgen ließ. Ich legte sie auf, setzte mich auf den Boden, nahm einem Schluck aus dem Glas, und ließ mich überraschen, was mich in dem Fotoalbum für Erinnerungen erwarteten. Direkt auf der ersten Seite schauten mir all meine Klassenkameraden des Gymnasiums mit glücklichen Mienen entgegen. Doch jetzt wusste ich, dass das bei den meisten nur Fassade war. Der eine war Drogenabhängig; der andere ließ sich nur auf die falschen Frauen ein, bis man ihn nackt und tot in seiner Badewanne fand; die andere war Suicidgefährdet. Als ich so über meine Klassenkameraden nachdachte, und was aus ihnen geworden ist, kam ich auch auf mich. Was ist aus mir geworden? Ich hatte alles. Ich hatte Geld, ich hatte Spaß, viele Autos, ein riesen Haus. Was heißt ich hatte? Ich habe. Nur der Spaß ist verschwunden. Nur Geld allein macht eben nicht glücklich. Und so finde ich mich fast jeden Abend auf dem Fell vor dem Kamin sitzend vor. Ist das Leben? Ist es leben, jeden Tag allein mit einem Glas Wein hier zu sitzen? Das schrille klingeln meines Telefons reißt mich aus meinen Träumen. Ich schaue um mich. Puuh, alles noch beim Alten. Ich liege hier neben meiner wundervollen Ehefrau, küsse sie auf die Wange, stehe auf, um das Telefon zu suchen, und denke mir: Ein Glück, dass ich nicht so ein alter Spießer geworden bin. Ein wenig mehr Geld zu haben wäre schon schön. „Doch wir haben uns. Wir haben uns…“ sagte sich laut und meine Frau wurde wach. Sie fragte mich, was denn los sei. Als ich ihr antwortete „Danke dass es dich gibt, danke für jeden einzelnen Tag den du mir schenkst. Danke für einfach alles. Ich bin glücklich dass es dich gibt.“ liefen mir tränen über die Wangen. Ich habe ihr nie gesagt, wie wichtig sie mir ist. Doch sie ist mir wichtiger als alles Geld, jede Akustikrock-Schallplatte, jeder Kamin mit Fell davor, einfach wichtiger als alles andere auf der Welt. Ich brauche nichts anderes um glücklich zu sein wie dich.
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